Worum geht es?

Derzeit steigen viele Entwickler von Apps vom Kaufmodell auf das Abo-Modell um. Beim Abo-Modell zahlt man einen monatlichen oder jährlichen Betrag und erhält als Gegenleistung die Nutzung der Software einschließlich aller zur Verfügung gestellten Updates.

Aktuelle Beispiele im AppStore sind 1Password, Day One und Ulysses – um nur einige zu nennen. Offenbar unterstützt Apple die Anbieter durch die Provisionsregelung diesen Modellwechsel.


Zu Ulysses

Aufgrund des ganz aktuellen Umstieg von Ulysses beschränke ich mich nachfolgend auf diese App. Hier habe ich konkret verfolgt, was im AppStore, bei Twitter und auf Portalen für (oft unsachliche – teilweise beleidigende) Kommentare eingestellt worden sind. Teilweise kann man nur mit dem Kopf schütteln. Bei allem Verständnis für die Nutzer:

Ja ein Abo ist erstmal ein Schock

Ja, man kann nicht jede App für 30 EUR bis 50 EUR im Jahr im Abo bezahlen.

Es geht hier in erster Linie um eine professionelle, sehr gute Software. Deren Entwicklung Geld kostet und nicht „just for fun“ entwickelt wurde.

Es handelt sich nicht um eine „einfache“ Notiz-App.

Ist der Wechsel des Finanzierungsmodells ein Grund, die App als solche gnadenlos abzuwerten?

Abo basierte Preisgestaltung für die App führt oftmals zu einem Shitstorm im AppStore. Oft genannte Argument sind:

Warum muss ich (nochmal) für eine Software bezahlen, die ich schon (teuer) gekauft habe?

Wenn ich die App weiter nutzen möchte, dann soll ich jetzt noch einmal bezahlen?

In vielen Fällen, auch bei Ulysses, ist das völlig falsch. Ulysses schreibt hierzu auf der Homepage:

The previous, single-purchase versions of Ulysses have both been removed from sale. They remain fully functional, of course, and we have even updated both versions for High Sierra and iOS 11 respectively. So, if you decide to keep using the “old” Ulysses, you should not encounter any problem. New features, however, will only be added to the subscription version in the future.

Also die Software, die man gekauft und bezahlt hat, ist immer noch „Deine Software“. Sie ist voll funktionsfähig und sie kann weiter im AppStore heruntergeladen werden. Auch wenn beispielsweise die Kaufversion von Ulysses nicht mehr im AppStore verfügbar ist.

Auch hierzu gab es einige Kommentare in die Richtung:

Was mache ich dann bei einem Gerätewechsel, wenn die App nicht mehr im AppStore ist?

Ihr findet die „alte“ Version im AppStore unter den gekauften Programmen

Es wurde lediglich der Verkauf der Version ohne Abo eingestellt. Die gekaufte Version wird solange funktionieren, wie es die Entwicklung der Betriebssysteme erlaubt. Das ist aber auch bei der gekauften Version nicht anders! Auch diese funktioniert nicht mehr, wenn sich die Betriebssystem weiter entwickeln.

In beiden Fällen bedarf es der Wartung durch den Entwickler. Wir alle müssen uns fragen, ob wir ernsthaft erwarten können, dass der Entwickler eine gekaufte Software unentgeltlich über einen langen Zeitraum an neue Entwicklungen anpasst und gleichzeitig 2,3 oder sogar 4 Jahre Support via Twitter, Facebook und E-Mail anbietet.

Das mag bis zu einem gewissen Grad funktionieren, wenn ein Entwickler als One-Man-Show oder mit einem kleinen Team – am besten zu Hause – arbeitet. Ob das bei einem größeren Unternehmen auf Dauer Erfolg hat, ist m.E. fraglich. J.Kevin Wolfe hat hierzu in seinem Blog seine gut nachvollziehbare Meinung dazu dargelegt.

Max Seelemann – Mitbegründer von The Soulman – hat in einem Blogbeitrag sehr umfangreich die Gründe für den Modellwechsel aus Sicht der Entwickler beschrieben. Klar, aus Sicht der Entwickler …

Aus Sicht der Nutzer, könnte man sagen

Abzocke

die wollen nur mehr Kohle verdienen und den Porsche bezahlen (Zitat)

Wie sooft im Leben gibt es mehrere Sichtweisen. Bei allen Emotionen wäre eine angemessene Sachlichkeit geboten und wünschenswert. Im Fall Ulysses habe ich die oft vermisst. Und aus diesem Grunde meine erste Bewertung überhaupt im AppStore abgegeben.


Das Thema hat mehrere Seiten

Es geht hier um eine professionelle Software, die professionell entwickelt und gepflegt wird. Viele Nutzer sind (professionelle) Vielnutzer. Dieser Nutzerkreis sieht die Entwicklung entspannter und oft eher positiv. Durch das Abomodell wird das Weiterbestehen von Ulysses sichergestellt. Was nützt es den Nutzern, wenn Ulysses, wie andere Apps auch, nicht mehr gepflegt werden oder aus dem Store verschwinden.

Klar, der Gelegenheitsnutzer wird das anders sehen und eventuell zu den durchaus verfügbaren Alternativen abwandern; wobei es in dem Gesamtpaket mit dem Funktionsumfang nicht viele Alternativen gibt. Das wissen die Vielnutzer oftmals genau und stehen vielfach gerade jetzt zu Ulysses. Gerade für größere und große Schreibprojekte spielt Ulysses das ganze Potential aus. Es fällt mir schwer vorzustellen, dass ByWord, iA Writer oder auch Bear für diese Nutzer eine ernsthafte Alternative sein können und wollen.

Wenn ich mir einige Kommentare so ansehe, dann frage ich mich allerdings, ob einige Nutzer Ulysses nur an der Oberfläche angekratzt und die App nur als Notiz-App verwendet haben. Für diesen Nutzerkreis mögen die vorgenannten Alternativen womöglich tatsächlich die bessere Wahl zu sein.

Und natürlich gibt es auch die Nutzer, die zu Recht sagen, dass sie gar keine Mac-Version nutzen wollen oder können. Dieser Nutzerkreis hat von dem Vorteil, dass im Abo auch die Mac-Version enthalten ist, nicht viel.

Es dürfte schwierig bzw. unmöglich sein, allen Interessen gerecht zu werden. Die Entwickler von Ulysses mussten Ihre Entscheidung treffen, um den Fortbestand Ihrer Firma und Ihrer Arbeitsplätze zu sichern. Und damit auch den Fortbestand von Ulysses. Und damit vielen Nutzern den Fortbestand ihres Werkzeugs zum Schreiben.


Dieser Aufforderung auf Twitter kann ich nur zustimmen – Recht hat er:


Meine persönliche Entscheidung

Ich werde Ulysses treu bleiben und vor Ablauf der freien Nutzung bis Februar 2018 das Abo abschließen. Zum einen unterstütze ich so die Weiterentwicklung und Pflege einer tollen Software Made in Germany und zum anderen sichere ich mir – vorzeitig – den lebenslangen Rabatt auf die Abogebühr. Ob ich dann in 2019 oder 2020 aussteige, dass kann ich heute noch nicht sagen.

Und sollte ich aussteigen aus dem Abo, dann bleibt die App hinsichtlich des Lesen und Exportierens weiter funktionsfähig. Man wird dann also nicht komplett ausgesperrt und kommt an die eigenen Daten weiter ran.

Dieser Beitrag – es ist mein erster veröffentlichter Artikel – ist innerhalb kurzer Zeit komplett in Ulysses auf dem iPad und iPhone entstanden. Das Schreiben und Veröffentlichen aus der App hat mir mal wieder verdeutlicht:

Ulysses ist einfach klasse – macht weiter so. Ich hoffe, Ihr habt bald wieder mehr Ruhe und Zeit für das eigentliche Ziel: die Entwicklung von Ulysses

Und zum Abschluss: ich bin (bisher) keinesfalls ein Poweruser … und dies ist meine persönliche Meinung.

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